Im Zuge der Kolonialisierung wurde der Kaffee von französischen Händlern nach Vietnam gebracht. Der tägliche Kaffee gehörte in Frankreich bereits damals zum Leben dazu und auch in Vietnam wollten die Franzosen nicht darauf verzichten. 1857 wurden deshalb die ersten Kaffeepflanzen in Vietnam angebaut. Die Bedingungen in Vietnam waren damals schon optimal zum Kaffeeanbau geeignet und so entwickelte Vietnam sich schnell zu einer bekannten und bedeutenden Kaffeeregion. Doch gerade, als die Nachfrage für Vietnamkaffee enorm anstieg, musste die Kaffeeproduktion aufgrund des Vietnamkrieges 1955-1975 eingestellt werden. Zum Kriegsende wurde der Anbau von Kaffee stark subventioniert: Mithilfe staatlicher Förderung bauten die Vietnamesen gezielt schnell wachsende und preisgünstige Pflanzen an. So konnte sich Vietnam aus der Krise heraus zu einem der bedeutendsten Länder der Kaffeeproduktion entwickeln. Später hat Vietnam sich nicht nur auf die Quantität, sondern auch wieder auf die Qualität von Kaffee konzentriert. Heute ist Vietnam nicht mehr länger für Billig-Kaffee bekannt, sondern für seine qualitativen Gourmet-Sorten. In Vietnam werden aktuell jährlich 15 Millionen Säcke Rohkaffee à 60 Kilogramm produziert. Vietnam steht somit auf Platz zwei der weltweit größten Kaffeeproduzenten.

Der teuerste Kaffee der Welt

Einer der teuersten Kaffees weltweit ist der umstrittene Wiesel- oder Katzenkaffee, cà phê cúrt chôn, der in Vietnam seinen Ursprung hat. Für diesen werden Wiesel oder Schleichkatzen ausschließlich mit Kaffeekirschen gefüttert und die ausgeschiedenen, unverdauten Bohnen später gesammelt. Ursprünglich wurde der Kot per Hand gesammelt, wodurch die hohen Preise entstanden, doch inzwischen wurde der Prozess durch die Massentierhaltung der Wiesel industrialisiert. Mittlerweile ist es jedoch ebenso möglich, auf den Einsatz von Wieseln zu verzichten, da die Bohnen mit speziellen Enzymen versetzt werden können, die denselben Effekt auf die Kaffeebohnen haben wie durch die Fermentierung im Wieseldarm: durch die Fermentierung werden den Bohnen ihre Bitterstoffe entzogen. Somit können Kaffeebauern auf die oftmals nicht tiergerechte Haltung und besonders die einseitige Fütterung der Wiesel verzichten und trotzdem einen vollmundigen, runden Kaffee erzeugen.

Es gibt mehrere große Kaffeeproduzenten in Vietnam, die fast den gesamten vietnamesischen Kaffee-Export kontrollieren, darunter befinden sich die Marktführer Hung Phat Company Limited, Trung Nguyen Coffee Company Limited oder auch Nestlé.

Kaffeekultur in Vietnam

In Vietnam wird sehr viel Kaffee getrunken. Das liegt vor allem an den besonders guten Anbaubedingungen, die den Kaffee aromatisch schmecken lassen. Es werden sowohl Robusta- als auch Arabicabohnen angebaut. Erstere werden in Kaffeemischungen, sogenannten Blends, **benutzt, und häufig im Espresso, da Robustabohnen einen höheren Koffeingehalt als die Arabicabohnen haben und demzufolge auch bitterer und herber schmecken. Arabicabohnen werden in den meisten Kaffees weltweit verwendet, in Vietnam wird jedoch größtenteils der Kaffee der Robustabohne getrunken. Mittlerweile werden jedoch auch unbekanntere Kaffeebohnen für den Eigenbedarf der Vietnamesen verwendet, beispielsweise der starke Catimor-Kaffee oder der koffeinfreie Chari.

Zutaten eines guten vietnamesischen Kaffees

Kaffeetrinken gehört eindeutig zu den Hobbys der Vietnamesen. Und wie in jedem Land gibt es auch hier spezielle Rituale, wie der Kaffee getrunken wird und ebenso viele verschiedene Methoden der Zubereitung. Für den einzigartigen Vietnamkaffee gibt es diverse Hardware, also Gerätschaften, die die Vietnamesen dazu verwenden, auf ihre ganz spezielle Weise Kaffee nach Vietnam-Art zuzubereiten.

Das richtige Zubehör: Der vietnamesische Filter

Der vietnamesische Kaffeefilter, phin, ist stets aus Edelstahl. Zu diesem Metallfilter gehört eine Presse, mit der das Pulver später festgedrückt wird. Der Metallfilter wird bei den Vietnamesen auf eine Schale gesetzt; der Kaffee kann so direkt hineintropfen.

Wichtigster Bestandteil von Vietnamkaffee: Gesüßte Kondensmilch

Die richtige Kondensmilch ist der wichtigste Bestandteil des vietnamesischen Kaffees. Durch sie wird die herbe Note des Robusta-Kaffees reduziert und der Kaffee erreicht so das süß-bittere Aroma, das bei den Vietnamesen so beliebt ist. Die Verwendung von gezuckerter Kondensmilch im Kaffee geht auf die Zeiten der Kolonialisierung zurück, als nicht immer frische Milch verfügbar war und nach einer Methode gesucht wurde, diese haltbar zu machen.

Kaffeespezialitäten Vietnams

Während vielerorts in Vietnam auch der einfache, schwarze Filterkaffee, cà phê den nong, getrunken wird, gibt es auch einige Kaffeespezialitäten, die nur in Vietnam zu finden sind:

Cà phê sua (dá) - vietnamesischer (Eis)kaffee mit Kondensmilch

Eines der vietnamesischen Nationalgetränke ist der cà phê sua dá, vietnamesischer Eiskaffee. Für diesen werden oft Robustabohnen verwendet, häufig vorzufinden sind Anschließend wird der Deckel auf den Filter gelegt und gewartet, bis das Wasser durch den Kaffee gelaufen ist. Dies dauert zwischen acht und zehn Minuten. Zum Schluss wird der Kaffee mit der Kondensmilch verrührt und über Eiswürfel gegossen.

Cà phê sua chua - Joghurt mit Kaffee

Außer dem cà phê sua dá sind noch weitere Kaffeespezialitäten sehr beliebt in Vietnam: So erfreut sich beispielsweise der cà phê sua chua großer Popularität. Bei dieser Variante wird einfach ein Kaffee-Shot über leicht gesüßten Joghurt gegossen. Manchmal ist der Joghurt angefroren, aber immer cremig. Der cà phê sua chua wird mit Löffel und Strohhalm getrunken.

Cà phê trung - Eierkaffee

Schon fast ein Dessert ist der cà phê trung, der Eierkaffee: Hier wird Eigelb mit der gesüßten Kondensmilch und Zucker vermischt und schaumig geschlagen, Die Mischung wird im Anschluss auf den Robusta-Kaffee gegeben. Teilweise wird sogar Käse in den Eierkaffee gemischt. Der cà phê trung gilt als die vietnamesische Interpretation des Cappuccino.

Cà phê tao pho - Kaffee mit Sojapudding

Der in Vietnam als einfaches Bauerndessert bekannte tao pho, Sojapudding mit Zuckersirup und Jasmin, wird in Cafés mittlerweile “modernisiert” serviert - mit einem Schuss Kaffee.

Kaffeeliebhaber sollten es sich bei einem Besuch in Vietnam nicht entgehen lassen, die ein oder andere dieser Spezialitäten zu kosten.